A. Vivaldi - L'Estro Armonico Concerto No 4
Concerto N° 4 RV 550 für 4 Gitarren
(original con 4 violini obligati)
Die 12 Konzerte des Opus 3 "L'ESTRO ARMONICO" liessen mir viele Jahre keine Ruhe. Die Heiterkeit und Lieblichkeit der Ecksätze im Kontrast zu den tiefempfundenen und fast transzendenten Largosätzen sowie das Feuer und die Leidenschaft der vorwärtstreibenden Rhythmen versetzten mich immer wieder in den Zustand tiefer Zufriedenheit. Dazu ein Glas alten Amarone, wie schön kann doch das Leben sein! Dieses Lebensgefühl wollte ich in Gitarrenmusik umsetzen. Nach dem eingehenden Studium der Partitur der 12 Konzerte war mir klar, dies ist Gitarrenmusik. Es war nicht meine Motivation, mit Gitarren Violinmusik zu machen, sondern vielmehr ein Werk zu schaffen, welches das Original sein könnte, gerade weil es die instrumentalen Trümpfe der Gitarre ausspielt. Ich konnte meinen kanadischen Verleger für die Idee begeistern und die ganze Sammlung von 12 Heften wurde innerhalb von nur drei Monaten bei „Les Productions d’OZ“ in Québec herausgegeben.
Das Werk kann auch mit einem Gitarrenorchester und Solisten aufgeführt werden, alle Solo- und Tuttistellen sind im Arrangement markiert.
(CD Antonio Vivaldi L'Estro Armonico, Guitar Symphony St.Gallen)
Rezensionen
Vivaldi, sempre pizzicato Streifzug durch das barocke Venedig: CD-Taufe der Guitar Symphony St. Gallen in der Tonhalle
Bettina Kugler, St.Galler Tagblatt 26. September 2006
Hineingeboren in eine Stadt der Musik und des Theaters, in eine lebendige Opernkulisse von brüchiger, leicht modriger Schönheit, in der sich Pestgeruch unter den Duft von Erdbeeren und Orangen mischt: So steht Antonio Vivaldi den Zuhörern am späten Sonntagnachmittag im Kleinen Saal der Tonhalle beinahe leibhaftig vor Augen.
Dazu genügte an sich seine Musik, für Gitarrenquintett bearbeitet von Jürg Kindle, auf CD eingespielt und nun live vorgestellt von der Guitar Symphony St. Gallen – die quirligen Allegro-Sätze, traumverloren schreitende Siciliani, federnde Gigues oder tief empfundene, die Zeit anhaltende Zwischengesänge; Miniaturarien, oft nur wenige Takte lang vor dem nächsten munteren Triolengewitter. Noch schärfer freilich werden die Bilder im Kopf nach dem imaginären Spaziergang durch das barocke Venedig zwischen den beiden Konzertteilen.
Spiegel, Spiegelungen
Mit allen Sinnen spüren die Prosaskizzen von Ruth Erat dem «prete rosso», dem rothaarigen Priester und Teufelsgeiger Vivaldi in Venedig nach, begeben sich, hellhörig für die Alltagslitaneien, die Gassenhauer und Sinfonien aus Licht und Wasser, auf Spurensuche zwischen Barock und Gegenwart; sie bündeln gestochen scharfe Momentaufnahmen, Impressionen und historische Reminiszenzen zu einem kräftigen Tableau der Lagunenstadt, vor dem Vivaldis Musik stilecht in Szene gerückt wird. Zwischen Wort und Musik entstehen reizvolle Spiegelungen und Rückbezüge.
In ihrer charakterlichen Vielschichtigkeit, dem unerschöpflichen Einfallsreichtum werden die Concerti aus der Sammlung «L'Estro Armonico» nie langweilig. Sie bieten reichlich Gelegenheit, sich virtuos zu profilieren, lassen eintauchen in eine Welt der Gegensätze, leben vom innigen Gespräch der Stimmen. All das hat Jürg Kindle in seine Arrangements der ursprünglich für Violine und Streicherensemble komponierten Musik aufgenommen, und die fünfköpfige Guitar Symphonie (neben Kindle die Gitarristen Benjamin Scheck, Roland Müller, Antonio Malinconico und Gabriel Meyer) setzt die hohen Ansprüche nicht nur technisch souverän um.
Sie wechseln sich in den führenden, konzertierenden Stimmen ab, balancieren die Tempi frei und sehr musikantisch aus, fallen höchst selten in jene nur präzis abschnurrende Motorik, die früher als typisch für die Barockmusik galt.
Barocke Fülle
Dabei schöpfen die fünf Gitarristen alle Möglichkeiten, Klang und Artikulation zu variieren, Triller und Verzierungen auszugestalten, geschickt und geschmackvoll aus – was natürlich mit einem Geigenbogen (und nur gelegentlich ohne, in trockenem Pizzicato) wesentlich einfacher wäre. Und knüpfen damit an barocke Bearbeitungspraxis an. Vivaldi, sempre pizzicato: Die Kostproben der eben im Gallus-Tonstudio eingespielten CD jedenfalls liessen nichts missen von der barocken Fülle seiner Musik.
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Venezianischer Gitarrenzauber
Ferdinand Ortner, Tagblatt 29. Januar 2008
Rheineck. Als krönendes Highlight des sonntäglichen Kulturtages der KIR (Kultur in Rheineck) erlebte ein aufmerksames Publikum am Sonntagnachmittag im Hotel Hecht ein exquisites musikalisch-literarisches Konzertprogramm.
Im Mittelpunkt des Konzert-Events stand die Aufführung von sechs der insgesamt zwölf viersätzigen «Concerti» des bedeutenden Sammelwerkes «L'Estro Armonico» von Vivaldi (1678 – 1741). Die von Jürg Kindle 1998 gegründete Guitar Symphony erfreute die atemlos lauschenden Zuhörer mit dieser wunderschönen venezianischen Saiten-Musik aus Italiens barocker Blütezeit.
Hervorragende Gitarristen
Der St. Galler Vollblutmusiker und Ensemble-Leiter entfachte dabei mit seinen professionellen Gitarre-Partnern Gabriel Meyer, Antonio Malinconico, Benjamin Scheck und Roland Müller ein Feuerwerk zauberhafter galanter Musik. Sie funkelte in glitzernder Farbigkeit und erblühte in süsser Melancholie.
Die Instrumentalisten beeindruckten im Ensemblespiel wie in den Soloparts mit Engagement, ausgefeilter Technik und subtilem Audrucksvermögen.
Bemerkenswert die klangliche Transparenz, die rhythmische Präzision und die feine musikalische Ausstrahlung und Pianokultur.
Ruth Erat ergänzte die Musikdarbietungen durch den Vortrag eigener literarischer Texte, die sich auf Leben und Werk des grandiosen italienischen Barockmusikers bezogen und das besondere Ambiente der Lagunenstadt betonten. Sie schuf solch phantasievolle, berührende Stimmungsbilder, dass man sich optimal in die melodiöse Musik vertiefen konnte.
Jürg Kindle hat die zauberhaften Vivaldi-Kompositionen mit musikalischem Feingefühl für Gitarren-Ensembles arrangiert, um damit – seinen Intentionen folgend – der klassischen Gitarre neue klangliche Dimensionen zu eröffnen und die Gitarren-Literatur zu bereichern.
Dies ist ihm bei den «Concerti» des Vivaldi-Opus «L'Estro Armonico» – wie das Konzert in Rheineck und eine vor kurzem eingespielte CD beweisen – auch überzeugend gelungen. Er brachte dabei die spezifischen instrumentalen Qualitäten und Besonderheiten der Gitarre (Tongebung, Klangmöglichkeiten) zu beeindruckender Wirkung.
Sechs «Concerti»
Das Guitar-Symphony-Quintett interpretierte die sechs effektvollen Gitarren-Transskriptionen exzellent. Jürg Kindle war ein versierter «Primus inter pares», spielte den Continuo-Part souverän und zog die Fäden. Seine Partner korrespondierten nahtlos und setzten auch solistische Akzente.
Das venezianisch-italienische Kolorit und die melancholischen Kantilenen der langsamen Sätze berührten tief. Die rasanten Läufe, das polyphone Figurenwerk und die leichtfüssige Rhythmik der brillant musizierten virtuosen «Allegro»-Sätze bezauberten.
Mit einem Dacapo aus dem fulminanten «Concerto Nr. 11 in d-Moll» bedankte sich das Ensemble beim begeistert applaudierenden Publikum.
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